Mittwoch, 30. Juni 2010

Die Linke und die Fähigkeit zum Parlamentarismus

Es gibt in diesem Moment genau einen Grund dafür, dass der Abnicker Christian Wulff zum Bundespräsidenten ernannt wurde. Gauck hätte es werden können, das scheint absolut kontingent, und was dafür gefehlt hat waren einzig und allein die Stimmen der Linken.

Wer sich den Wahlkrimi in 3 Akten genau ansieht (SpiegelOnline) wird feststellen, dass nach dem 1., spätestens nach dem 2. Wahldurchgang, die Linke die Möglichkeit gehabt hätte Gauck zu wählen, da ihre eigene Kandidatin völlig aus dem Rennen war, von Anfang an. Das hat sie nicht getan aus Trotz. Der Spiegel schrieb schon vor kurzem, dass die Linke Gaucks Hoffnung auf einen Sieg mitbestimmen, dass sie aber auf Grund seiner Abneigung und ihrer Vorbehalte, eher für Wulff, denn für Gauck votierten. (SpiegelOnline) Ich halte das für eine Haltung, die ich der Linken durchaus zutraue. Im Moment hat diese Partei gut reden. Sie kann noch immer zurücklehnend behaupten, sie würde alles besser machen, so man sie liese. Tatsächlich tut sie nichts dafür, dass das auch geschieht. Sie entzieht sich aus Starrköpfigkeit der politischen Verantwortung. Eine Verantwortung, die Kompromissbereitschaft und Koalitionswillen aufzubringen bereit sein muss. Statt dessen, nimmt sie eher einen konservativen Duckmäuser als Präsidenten in Kauf, denn einen sozialen Kandidaten, der schon per definitionem ein breiteres Spektrum sozialer Interessen vertritt und damit der Linken ideell näher stehen sollte. Doch nicht nur das. Wulff ist Bundespräsident geworden. Demnächst beginnt die Sommerpause in Berlin und Angela Merkel hat einen Monat Zeit mit ihrer Koalition erfrischt und konsolidiert wieder die öffentliche Bühne zu betreten, so dass man sich bald nicht mehr erinnert, dass eine Wahl Gaucks für diese Regierung höchstwahrscheinlich die Misstrauensfrage herbeigeführt hätte. Dass dies nun wieder auf der Kippe steht, dafür trägt allein die Linke schuld.
Und nun was hat sie erreicht? Sie hat sich ihren Idealismus bewahrt. Schön. Und in den nächsen 5 Jahren wird die Regierung von einem konservativen Präsidenten gedeckt, dessen Ansichten wesentlich radikaler sind, als die Gaucks. Wenn diese Partei meint, dass ihre Politik die beste für dieses Land sei, dann hat sie durch eine passive Wahl Wulffs, denn anders kann man das nicht mehr nennen, ihren Idealismus auf fundamentalere Art verraten. Wer der Meinung ist, er könne im Sinne der deutschen Bürger, dieses Land besser regieren, der muss zeigen, dass er es wirklich will und kann, und dem sollte jede Gelegenheit recht sein, die Politik so zu lenken, dass sie seiner eigenen Position näher kommt. Gauck hätte der Linken näher gestanden, als Wulff. Die Linke muss sich gefallen lassen, dass sie hier passiv, eine konträre politische Position ins Amt gewählt hat.
So funktioniert Parlamentarismus und dazu bedarf es einen ausgeprägten Sinn für politisches Kalkül, den die Linken zum widerholten Mal hat missen lassen.

3 Kommentare:

  1. Ich bin beim besten Willen kein Anhänger der Linken, aber das ist Augenwischerei...Schau dir an wie sich ein Gauck über die Linken äußert, wo er herkommt, was für eine Politik er vertritt und du wirst sehen, dass er nicht tragbar und damit nicht wählbar für die Linken gewesen wäre.
    Zumal die Vertrauensfrage und eine neue Regierung für die Linken keinen Unterschied darstellt zur aktuellen Regierung. Nicht die Linken sind Schuld daran, dass Gauck nicht gewählt wurde sondern schlicht und einfach die SPD und die Grünen ganz alleine.

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  3. Ich aktzeptiere diesen Einwand. Gauck hat sich nicht sonderlich bemüht um die Linken Wähler. Da war er selbst nicht ganz klug. Aber nun stellt sich mir die Frage: Wer von den beiden Kandidaten wäre für die Linke tragbarer gewesen? Wulff wird den Afghanistan Krieg auch nicht beenden. Ich kann mir vorstellen, Gauck hätte der Linken näher gestanden. Und ich fürchte, sie haben diese Chance verpasst. Wie gesagt, gerade im Hinblick darauf, dass Merkels Versagen die Regierung weiter destabilisiert hätte.

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