Donnerstag, 8. Oktober 2009

Warum Simon Bookish Ruhm verdiente







Sein erstes und bisher einziges Album; "Everything Everything" erschien Oktober 2008. Ich wüsste nicht, dass sich seither um den talentierten Musiker des deutschen Labels "Tomlab" etwas getan hätte. Allerdings fragt man sich; warum eigentlich nicht!? "Everything Everything" füllt eine Lücke. Es verknüpft spielerisch elektronische, poppige und jazzige Elemente zu einem wirklich großen, fast wahnsinnig machenden, Spaß. Martin Büsser nennt das "Erwachsenen-Pop", und nichts ist falscher als das. Dafür ist dieses Album zu bunt, zu schrill. Es ist das Medium eines "new sense of humour". "Everything everything" ist so facettenreich, dass man kaum Zeit findet um inne zu halten und auf all die verspielten Details zu achten, die darin versteckt wurden. Der Text von "Carbon" scheint auf den ersten Blick völlig sinnlfrei. Doch man erschrickt fast, wenn sich hinter den, nach Plastikkeyboard und 80's Synthiepop klingenden Tönen, eine haarscharfte Analyse des Zeitgeistes entwickelt, die Aufdeckung einer neuen snobistischen Bionik. Eine ganze Kaste junger westlicher Männer wird hier demaskiert. In "A crack in larson C" horcht man der Geburt eines Waisenkindes zu, geht still seinen Weg in der Einsamkeit, in der Besonderheit seines Daseins, um am Ende mit der Wucht kollidierender Planeten auf die Einsamkeit der Sterne aufmerksam gemacht zu werden. Sie sind die mächtigsten Waisen dieses Universums. Dieses Lied erzeugt eine ungewöhnliche klaustrophpobische Dichte und scheint so garnicht zum Rest des Albums zu passen. Und doch tut es genau das. Keine klare Linie, keine Führung, keine Eltern, kein gutes Ende, und auf keinen Fall Erwachsenen-Pop, weil auch keine Langeweile und keinen Geschmack.
Official Homepage Simon Bookish


Mittwoch, 7. Oktober 2009

Überspitzte Analyse contra philosophische Correctness

Eines der gegenwärtig interessantesten Intellektuellenduelle wird in den Feuilletons der "FAZ" und der "Zeit" geführt. Die Kombattanten sind der ebenso bekannte wie berüchtigte Rektor der Karlsruher Hochschule für Gestaltung Peter Sloterdijk und der Habermas - Schüler Axel Honneth, ebenfalls Professor der Philosophie in Frankfurt. Einen Karlsruher verfolgt das Gefecht bis in die Lokalpresse. Die Bruchsaler Neueste Nachrichten veröffentlichten am 27.09. einen Artikel im Kulturressort, der sich natürlich nicht allzu offensichtlich vom Karlsruher Vorzeigeprofessor distanziert. Wir sollten an einer anderen Stelle noch die Frage stellen, ob Karlsruhe eines solchen Intellektuellen überhaupt bedarf. Nun aber zurück zur Philosophen-Fehde. Alles begann mit einem Artikel Sloterdijks zur Revolution der gebenden Hand in der FAZ vom 13. Juni diesen Jahres. Sloterdijk referiert über die fälschliche Konnation des Kapitalismusbegriffs nach Marx und den Missbrauch durch marxistische Anhänger als Kampfbegriff. Die Wirtschaft ist für ihn vielmehr konstituiert durch das Gläubiger - Schuldner Verhältnis. Eine Beziehung die dem abendländischen Denken aus einer metaphysischen Projektion bekannt ist. "[...] die faustische Unruhe des ewig getriebenen Unternehmers ist der psychische Reflex des Zinsstresses." (P.Sl.) Ehemals war der Zinsstress die Hypothek der Erbsünde, die durch Kastanei und physischen Verzicht abgezaht wurde. Sloterdijk rührt hier wieder an den Archetypen christlicher Mentalität. In "Zorn und Zeit" (2006) konnte er die historische Wende dieses Bildes durch den platonistischen "Thymos"-Begriff überbrücken. Nun fokussiert er die Aktivitäten des Staates. Wer die Gläubiger - Schuldner Relation verstehen will muss den modernen Staat näher betrachten. Der moderne "kleptokratische" Staat ist die größte Nehmermacht. Er kultivierte eine Enteignung auf einkommenssteuerlicher Basis, die einem sozialistischen Ideal kaum nachsteht. Sloterdijk definiert die soziale Marktwirtschaft neu, als einen "steuerstaatlich zugreifenden Semi-Sozialismus auf eigentumswirtschaftlicher Grundlage". Unter anderem sprechen Höchststeuersätze von fast 50%, die den "Erfolg bestrafen", und eine staatliche Schuldenpolitik, die eine eindeutige Äquivalenz von Fiskus und Unternehmswirtschaft zulassen, für Sloterdijks Fazit.
Axel Honneth sah darin allerdings eine klare Absage an die soziale Marktwirtschaft. Er veröffentlichte seinen Gegenstandpunkt in der Zeit vom 24.09. Einer lustlosen Analyse der sloterdijkschen Leserschaft, die gekünstelt und pseudopathologisch daherkommt, folgt eine allerdings ernstzunehmende Argumentation contra Sloterdijks Beitrag zur aktuellen Wirtschaftssituation. Wir wollen hier eingestehen, dass der Sozialstaat seinen historischen begründeten Sinn hat und Sloterdijk einen Anspruch auf revolutionäre Umgestaltung, sofern man sie ernst nimmt, dieses Staates äußert. Für diejenigen, die den sozialstaatlichen Institutionen ehrergiebig und respektvoll gegenüberstehen, ist dies eine Anmaßung. Allerdings stellen sich hier mehrere Fragen.
1. Will Sloterdijk ernstgenommen werden?
Seinem öffentlichen Antwortbrief vom 27.09 ist zu entnehmen, dass er Honneth den Humor abspricht, der ihm anscheinend beschieden ist. Er will es also nicht. Auch wenn sein Anwortschreiben durchaus sachliche und inhaltliche Erwiderungen beinhaltet ist dort zwischen den Zeilen zu lesen; "Mach doch keine Diskussion daraus. Ich wollte euch doch nur ein bisschen reizen und ein paar interessante Möglichkeiten, die doch nicht zwangsläufig Wirklichkeiten sein müssen, darlegen."
Denn nun stellt sich Frage 2; "Kann man eine philo-politische Diskussion diesen Ausmaßes in einem Feuilleton bestreiten?". Sicherlich nicht. Der mangelnde Platz, lässt Interpretationspielräume. Das Gesagte ist nie alles was zu sagen wäre und eine stringente Argumentation ist für den Rahmen eines Zeitungslesers auch keineswegs gewünscht.
Allerdings stellt sich nun die 3. Frage, warum Peter Sloterdijk dem franfurter Kollegen, wenn er all dies bereits erkannt hat, solche Spitzen zutreibt. Da ist von Desinteresse, Humorlosigkeit, mangelnder Originalität und Müdigkeit die Rede. Sloterdijk hatte schon einmal für eine langwährende Feuilletondebatte gesorgt nach seinem Vortrag "Regeln für den Menschenpark". Auch hier goß er immer wider Öl ins Fehdefeuer. Dass Peter Sloterdijk ein überheblicher Philosoph ist zeigen auch solche Gesten:



Wobei hier wahrscheinlich den meisten, auch den couragiertesten, Kollegen der Kragen geplatzt wäre. Keiner hätte allerdings dermaßen abwertend reagiert.
Sofern ER sein Werk richtig versteht, appellieren wir hier an P. Sloterdijk, er solle doch anerkennen, dass seine Philosophie, wenn zwar nicht ernst gemeint, doch ernsthafte Objekte zum Gegenstand hat. Einen aufgewühlten Kollegen deshalb zu degradieren, weil er die unsystemathische und poetische Bearbeitung der Themen, den "Modus des Philosophierens" so Sloterdijk, für unzulänglich hält, ist äußerst unangebracht. Sloterdijk hat keinen Grund deshalb gekränkt zu sein.

Hier zeigt sich ein fundamentaler und unüberbrückbarer Aspekt der immer dann auftritt, wenn eine avantgardistisch - verspielte Philosophie á la Sloterdijk auf akademische Filigranheit und philosophische Exaktheit trifft. Einige Nietzscheaner kämpfen mit diesem Umstand noch heute. Ob es philosophische Exaktheit gibt, kann hier nicht geklärt werden, aber dass der feuilletonistische Rahmen keine hinreichende Plattform darstellt ist eindeutig.
Hans Ulrich Gumbrecht machte diesen unüberwindbare Graben an den Personen fest; Sloterdijk will Autor sein, sein Schlag wird Moderator von Philosophiesendungen im Fernsehen, Honneth will Wissenschaftler sein, sein Schlag wird vom Bundestag in die Ethikkommission berufen ("Zeit" 1.10.09).
Es bleibt noch einen Appell an Axel Honneth zu richten. Da Peter Sloterdijk selbst schon lange nicht mehr bei der akademischen Zunft hofieren will, da er es nicht für nötig hält, sollte sich die Zunft auch nicht mehr um einen Autor seines Schlages bemühen. Schon garnicht mit energetischen Publikation zwei Monate zu spät, wenn der Sturm längst vorüber ist.
Allen anderen sei die kritische Sloterdijk - Lektüre ans Herz gelegt. Überspitztheit kann für eine konstruktive Analyse auch erbaulich sein.

Dienstag, 6. Oktober 2009

Aller Anfang

Dieser Blog verdankt seinen Namen den wunderbaren geistigen Ausflügen Martin Heideggers auf die Feldwege Meßkirchs. Es ist der Akt des heideggerschen Denkens, der sich dort vollzieht. Und schließlich ist bei diesem Dort im Moment des Denkens die Tür des Seins zu seiner Eigentlichkeit geöffnet. Die beste Art des Denkens ist das Fragen. Da jeder Martin und generell Jeder Feldwege haben sollte, möchte ich mir und Allen ein paar zugänglich machen. In der Hauptsache werden wir also als Fragesteller auf den Feldwegen wandern. Fragen macht an sich schon genug Freude, weshalb also Antworten. Die Objekte des Fragens sollen aktuelle oder vergangene, wichtige oder unwichtige, existenzielle oder banale, im Prinzip alle Themen die mich interessieren, sein. Das dürfte vielseitig genug werden, und wie gesagt, manchmal unwichtig und manchmal auch banal. Warum sollte irgendjemand einen solchen Blog brauchen?
Zum Einen ist Wandern eine erholsame Angelegenheit. Wenige nehmen sich Zeit zu wandern, viele laufen, dabei ist die Türe zur Eigentlichkeit allerdings nicht geöffnet. Manche laufen an der Türe vorbei. Sie sind zu schnell. Viele konzentrieren sich zu wenig auf wesentliches. Wesentliches kann es auch im Banalen geben. Viele laufen zu langsam. Dann ist der Weg nur noch Standort. Vielleicht freut man sich, beim wandern geführt zu werden. Vielleicht kann man neue Aspekte entdecken. Die unscharfe Brille ablegen und Spaß an Fragmenten gegenwärtiger Kulturlandschaften entfalten. Feldwege sind Biotope des Denken und man sollte sich die Zeit nehmen ihre Vorzüge und ihren Charakter kennenzulernen. Was eindeutig dagegen spricht; es gibt tausende solcher Blogs. Aber keiner ist von mir, das macht sie nur noch halb so gut.

Dass Heidegger seine Fragen (vorallem die der Ethik) unzureichend beantwortete, entbindet mich widerum von der Verlegenheit Antworten geben zu müssen. Man könnte also sagen, dieses Projekt versucht sich am philosopischen Journalismus oder an journalistischer Philosophie. Ich werde mich um poetische Dichte bemühen, damit das Lesen nicht allzu trocken wird. Und ab und zu werde ich auch privat, vermutlich.