Dienstag, 28. September 2010

"Kvelertak" - Black'n'Roll-Wumme



Hm, das erste Lied läuft ja mal richtig gut rein. Die können auf keinen Fall so weiterpeitschen!? Zweites Lied: fuck die peitschen weiter...
Kvelertak aus Norwegen trotzen allen Genregrenzen. Eine Doublebass aus der alten Blackmetal-Schule paart sich mit Rock'n'Roll Gitarrenakkorden. Da wechseln Gekreische, das Dani Filth alle Ehre machte, und chorale Passagen. Da kommt mal klarer Gesang mit einer ruhigen Melodie im Hintergrund, die Atmosphäre baut sich auf und entlädt sich dann in einem fetten Newmetal-Groove. Die Einflüsse reichen von Satyricon (Rebel Extravaganza), über Wolfmother und Turbonegro, den Gallows und Sick of it all bis zu Caliban. Aber der Mix überzeugt. Das ist kein charakterloser, wild zusammengepunchter Metalcoktail, damit ja alle bedient sind. Kvelertak hat auf diesem Debüt einen Stil gefunden. Vielleicht sogar einen neu-erfunden: Black'n'Roll. Und der hat wahrlich Charisma. Diese Scheibe könnte man sich aufm Southside-Zeltplatz so gut vorstellen, wie bei Wacken oder auf der Turbojugend-Party. Das Feiern vergisst dabei niemand mehr...


Montag, 12. Juli 2010

Ein Exzerpt aus dem Aufsatz "Hat die Philosophie den Kontakt zu den Menschen verloren?" von W.V.O. Quine

"Mit dieser vagen Überschrift schließe ich philosophische Untersuchungen moralischer und ästhetischer Werte keineswegs aus. Manche derartige Untersuchungen können, wenn sie analytisch ausgerichtet sind, wissenschaftlich orientiert sein. Im Hinblick auf Inspiration oder Trost haben sie jedoch wahrscheinlich wenig zu bieten. Doch wer Philosophie in erster Linie wegen des geistigen Trostes studiert, ist irregeleitet und wahrscheinlich sowieso kein sonderlich guter Student, denn es ist nicht die geistige Neugierde, die ihn bewegt. Begeisternd und erbaulich zu schreiben, ist etwas Bewundernswertes, aber der Ort dafür ist der Roman, das Gedicht, die Predigt oder der literarische Essay. Philosophen im professionellen Sinne sind dazu nicht spezifisch geeignet. Sie sind auch nicht spezifisch geeignet, der Gesellschaft zu helfen, ins Gleichgewicht zu kommen, obwohl wir freilich alle dazu beitragen sollten, was wir können. Was diese immerfort laut werdenden Bedürfnisse gerade erfüllen könnte, ist die Weisheit: sophia ja, philosophia, nicht unbedingt."

Willard v. Orman Quine; Theorien und Dinge, Frankfurt a. M. 1991 S.233f.

Mittwoch, 30. Juni 2010

Die Linke und die Fähigkeit zum Parlamentarismus

Es gibt in diesem Moment genau einen Grund dafür, dass der Abnicker Christian Wulff zum Bundespräsidenten ernannt wurde. Gauck hätte es werden können, das scheint absolut kontingent, und was dafür gefehlt hat waren einzig und allein die Stimmen der Linken.

Wer sich den Wahlkrimi in 3 Akten genau ansieht (SpiegelOnline) wird feststellen, dass nach dem 1., spätestens nach dem 2. Wahldurchgang, die Linke die Möglichkeit gehabt hätte Gauck zu wählen, da ihre eigene Kandidatin völlig aus dem Rennen war, von Anfang an. Das hat sie nicht getan aus Trotz. Der Spiegel schrieb schon vor kurzem, dass die Linke Gaucks Hoffnung auf einen Sieg mitbestimmen, dass sie aber auf Grund seiner Abneigung und ihrer Vorbehalte, eher für Wulff, denn für Gauck votierten. (SpiegelOnline) Ich halte das für eine Haltung, die ich der Linken durchaus zutraue. Im Moment hat diese Partei gut reden. Sie kann noch immer zurücklehnend behaupten, sie würde alles besser machen, so man sie liese. Tatsächlich tut sie nichts dafür, dass das auch geschieht. Sie entzieht sich aus Starrköpfigkeit der politischen Verantwortung. Eine Verantwortung, die Kompromissbereitschaft und Koalitionswillen aufzubringen bereit sein muss. Statt dessen, nimmt sie eher einen konservativen Duckmäuser als Präsidenten in Kauf, denn einen sozialen Kandidaten, der schon per definitionem ein breiteres Spektrum sozialer Interessen vertritt und damit der Linken ideell näher stehen sollte. Doch nicht nur das. Wulff ist Bundespräsident geworden. Demnächst beginnt die Sommerpause in Berlin und Angela Merkel hat einen Monat Zeit mit ihrer Koalition erfrischt und konsolidiert wieder die öffentliche Bühne zu betreten, so dass man sich bald nicht mehr erinnert, dass eine Wahl Gaucks für diese Regierung höchstwahrscheinlich die Misstrauensfrage herbeigeführt hätte. Dass dies nun wieder auf der Kippe steht, dafür trägt allein die Linke schuld.
Und nun was hat sie erreicht? Sie hat sich ihren Idealismus bewahrt. Schön. Und in den nächsen 5 Jahren wird die Regierung von einem konservativen Präsidenten gedeckt, dessen Ansichten wesentlich radikaler sind, als die Gaucks. Wenn diese Partei meint, dass ihre Politik die beste für dieses Land sei, dann hat sie durch eine passive Wahl Wulffs, denn anders kann man das nicht mehr nennen, ihren Idealismus auf fundamentalere Art verraten. Wer der Meinung ist, er könne im Sinne der deutschen Bürger, dieses Land besser regieren, der muss zeigen, dass er es wirklich will und kann, und dem sollte jede Gelegenheit recht sein, die Politik so zu lenken, dass sie seiner eigenen Position näher kommt. Gauck hätte der Linken näher gestanden, als Wulff. Die Linke muss sich gefallen lassen, dass sie hier passiv, eine konträre politische Position ins Amt gewählt hat.
So funktioniert Parlamentarismus und dazu bedarf es einen ausgeprägten Sinn für politisches Kalkül, den die Linken zum widerholten Mal hat missen lassen.

Mittwoch, 12. Mai 2010

Georges Spätwerk. Ein Gedicht aus dem "neuen Reiche"

Das Spätwerk Georges wird oft auf den schmalen Grat ideologischen Grenzganges hin untersucht. Sicher gehörte George zu den Denkern der Gruppe, die man gerne unter dem Oxymoron "konservative Revolution" subsumiert. Das stimmte, insofern im George-Kreis einige Schlagwörter der nationalistischen Revolution bereits zum geflügelten Jargon gehörten. Dennoch sprach man im Kreise vom Heldentod, vom geheimen Deutschland, vom neuen Reich und vom Führerkult in einer lediglich kulturellen Sphäre ohne Bezüge zur politischen Wirklichkeit. Eine ausgewogene Semiotik dieser Topoi innerhalb des Kreises könnte zeigen, dass sie mehr dem platonischen Άκαδήμεια (akademeia) Gedanken verhaftet sind, als den Hoffnungen der politischen Moderne nach 1919. Gerade dem Begriff des "Führerkultus", hätte George an seiner offensichtlichen Polyvalenz und Verfremdung Anstoß genommen, hätte leicht durch "Zöglings-" oder "Jünglingskult" ersetzt werden können, ohne seine inhaltliche Dimension einzubüßen. Mit diesen Begrifflichkeiten spielte der Kreis bereits vor dem ersten Weltkrieg. George war sich der Zweckentfremdung seiner Begrifflichkeiten durch die Nationalsozialisten durchaus bewusst. Die federführenden Figuren dieser Bewegung waren nicht wirklich, was sich George als Wunschleser empfahl. Zur einer expliziten Stellungnahme gegen die nationalistische Revolution kam es allerdings auch nicht. "Führerkult", "Reich", "geheimes Deutschland" waren nun einer Eigendynamik im dt. Sprachgebrauch verfallen und erfuhren ihre sematische Ausdehnung, bis zur Entfremdung vom ursprünglichen Sinngehalt. Es finden sich dennoch Gedichte im Spätwerk Georges, die heute der unvoreingenommenen Rezeption wert sind.

Horch was die dumpfe Erde spricht:
Du frei wie vogel oder fisch-
Worin du hängst, das weisst du nicht.

Vielleicht entdeckt ein spätrer mund:
Du sassest mit an unsrem tisch
Du zehrest mit von unsrem pfund.

Dir kam ein schön und neu gesicht
Doch zeit ward alt, heut lebt kein mann
Ob er je kommt das weisst du nicht

Der dies gesicht noch sehen kann.

(Stefan George, GA.IX.129)



Zur Biografie Georges:
Karlauf, Thomas; Stefan George, Die Entdeckung des Charisma, München 2007
Zum Akademie-Gedanken:
Sloterdijk, Peter; Nicht geretter, Versuche nach Heidegger, Frankfurt 2001

Dienstag, 11. Mai 2010

Sorry Peter...

Es kann nur einen Otto Waalkes geben.