Samstag, 30. Januar 2010

Van Diemens Land

Van Diemens Poster

Kalt und rau sind die Bilder, die den ersten Film des Jungregisseurs Jonathan von der Heide kennzeichnen. Die Wälder schimmern blau-metallisch. Das Ambiente erinnert eher an eine düster-verlassene Industrielandschaft. Aber es ist nichts Künstliches, das diesen Film bedrohlich macht. Es ist die ursprünglichste Natur, die sich sehr bald als der Protagonist des Films herausstellt. Van Diemens Land hieß zur Zeit der ersten Kolonialisierung das heutige Tasmanien. Jonathan von der Heide erzählt die wahre Geschichte des Strafgefangen Alexander Pearce, der anno 1822 mit einigen Mitsträflingen flieht und sich durch das Dickicht der Insel seine Freiheit bahnt. Doch sehr bald wird klar, dass die Freiheit kein Geschenk ist; sie fordert ihren Tribut. Die Weite des Landes schürt, so widersprüchlich es klingen mag, die Klaustrophobie der Männer. Die Kälte nagt an den Flüchtigen. Sie dringt beinahe durch den Bildschirm. Auch die Nahrungsvorräte gehen aus und weit und breit zeigt sich der Gruppe keine Aussicht auf Rettung. Zuerst wächst das Misstrauen gegeneinander. Die Iren mit den Iren, Schotten mit den Schotten und die Engländer mit den Engländern; man hält sich an die vertrautere Sprache, versucht sich zu distinguieren. Nicht mehr lange und auch dieser Impuls ursprünglichen Zusammenhalts zerbricht. Die Belastungen strapazieren die soziale Dynamik. Van Diemens Land ist in dieser Hinsicht auch ein Experiment. Dass es ohne Nahrung kein Erreichen des Zieles geben kann, wird schnell klar. Die Moral bleibt somit auf der Strecke und der Kannibalismus scheint die einzige Möglichkeit zu sein, das Leben zu verlängern. Das eigene Leben, denn zunächst ist leicht auszusondern, wer dran glauben muss, wer eine Belastung darstellt. Beim letzten Bissen vom Fleisch sagt einer: "That could have been me". Niemand widerspricht mehr.

Van Diemens Land ist kein blutrünstiger Horrorfilm. Er bedrückt durch seine archaische Stille, seine authentischen Schauspieler und die rohe Natur. Wie bei einigen Werner Herzog - Filmen, ist sie auch hier der einzige Überlebende. Sie ist schlussendlich immer der Stärkste im struggle of life. Die Natur ist der Organismus, von dem alles andere Leben abhängt. Van Diemens Land ist ein Film für Fans von Welz (Vinyan, Calvaire) und Herzog (Aguirre, Fitzcarraldo). Er lebt hauptsächlich von seinen Bildern, die wunderschön und kühl sind und einen Gang ins Kino wert wären. Ob der Film allerings überhaupt den Weg in die deutschen Kinos schafft, ist noch fraglich.


Dienstag, 26. Januar 2010