Sonntag, 11. Oktober 2009

Possession - Ein vergessenes Juwel




"Possession" ist der vierte Film des polnishen Regisseurs Andrzej Żuławski aus dem Jahr 1981. Der Wikipedia - Artikel verrät nicht einmal die Handlung in groben Zügen. Er besteht aus nur drei Sätzen. Wer den Film bei Amazon bestellen will, muss sich mit der spanischen DVD für ca. 30€ abfinden. Die deutsche Version der DVD ist fast nirgendwo mehr zu bekommen. Dabei ist "Possession" ein Meisterwerk, das längst Kultstatus und mehrfach Auflagen verdient hätte. Hauptdarstellerin Isabelle Adjani erhielt für ihre Rolle die Auszeichnung als beste Schauspielerin in Cannes. Żuławski erhielt für sein Werk die Goldene Palme. Nun ist Cannes nicht der Nobelpreis, was heißt, dass man daraus durchaus die hohe Qualität des Films ableiten kann.
In Westberlin gedreht, erzählt "Possession" die Geschichte eines Ehepaars, die sich nach längerer Dienstreise Marks (Sam Neill) widersehen. Anna eröffnet ihrem Mann, dass sie ihn , während seiner Abwesenheit, betrogen habe. Zunächst versucht Mark die Beziehung zu retten und so gut als möglich seinen Sohn von den Streitigkeiten fern zu halten. Es stellt sich heraus, dass ihr erster Liebhaber, ein russischer Tänzer, kaum noch Kontakt zu ihr hat. Dennoch verschwindet Anna immer wieder und bleibt für Abende weg. Es muss also noch einen Dritten geben... Mark setzt verzweifelt einen Detektiv auf seine Frau an, der wenig später ermordet wird.
Sam Neill und Isabelle Adjani sind ihren Rollen so gewachsen, dass die Intensität der zu Beginn sich immer mehr steigernden Eifersuchtsproblematik, mit der Mark alleine gelassen wird, unglaublich greifbar wird. Man spürt förmlich seine Zerissenheit am eigenen Leib. Irgendwann rastet er aus und schlägt Anna, und in diesem Moment ertappt man sich zu denken, sie habe das auch wirklich verdient. Im Zentrum stehen die beiden Hauptdarsteller, immer wieder werden Nahaufnahmen ihrer Gesichter, ein gekränkter Mark, dessen verzweifelter leerer Blick Mitleid erregt, und eine besessene Anna, deren tiefe dunkle Augen in den Schlund der Hölle blicken lassen. Isabelle Adjani wächst in ihre Figur hinein. Man merkt es, wenn ihr sie ihr Verhältnis zum Glauben erläutert und immer wieder den Zuschauer anblickt, um zu zeigen, was es heißt mit dem Teufel zu paktieren. Eine dionysische Freiheit und erotische Erfüllung auf der einen Seite und eine folgenschwere blutige Bürde auf der Anderen. Das macht Angst, man wird angesehen und bekommt gesagt, dass jeder von uns durch die Schranken eines bürgerlichen Lebensstils in den Wahnsinn getrieben werden kann. Es gibt keinen Gott der einen vor der Erotisierung des advocatus diaboli schützt. Im übrigen ist die echte Mauer im Film für die angesprochenen Schranken eine widerkehrende Metapher.
Man kann kaum glauben, dass Adjani diesen Blick nach der Zeit am Set ohne Probleme wieder los bekommen hat. Er ist zu authentisch. Sie selbst gebährt in einer verstörenden Szene ein Monstrum, dass sie zuvor im Geiste erschaffen hat. Ja, in gewisser Weise ist Anna sie selbst. In dieser Szene zeigt sich die Genialität ihrer Darstellung, wenn sie wie eine Furie durch eine verlassene U-Bahn Station hetzt. Auf das Schlimmste mit Sehnsucht wartend. Der Film trägt surrealistische Züge und hat sicherlich mehrere Interpreationsebenen. Wer sich mit Filmen von Cronenberg oder Lynch anfreunden kann, wird hier nicht enttäuscht sein. "Possession" ist ein Kunstfilm, der einen nicht unterhalten will. Streckenweise ist er brutal, nicht zu ausladend, und manchmal verstörend. Dem Zuschauer wird es hier nicht leicht gemacht. Die Bilder heften sich ins Gedächtnis und mehr als einmal bleibt einem der Mund offen stehen, ansonsten wäre ich auch um diese Uhrzeit nicht mehr wach. Wer sich 2 Stunden Zeit nimmt um sich in die Abgründe der menschliche Psyche zu begeben und die Frage nach dem Glauben stellt oder was passiert, wenn zwei emotionale Menschen kollabieren, wird "Possession" lieben. Er ist ein vergessenes Juwel.













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